Erinnerungen an Thomas Lewerenz

Meine erste Begegnung mit Thomas war eine Niederlage. Sie fand bei der Bonner Stadtmeisterschaft 1988 statt, die unser Verein austrug, kurz nachdem er von Dollendorf nach Beuel umgezogen war. Rückwirkend war der verlorene Punkt eine gute Investition. Thomas wechselte von der SG Porz zu unseren Verein und verstärkte unsere Mannschaft und Vereinsturniere für 15 Jahre mit seinem unternehmungslustigen Stil und taktischen Können.

Die Nachricht von seinem Tod traf mich völlig unvorbereitet. Auch wenn ich ihn einige Jahre nicht gesehen hatte, zweifelte ich nie daran, ihn wieder zu treffen. Neben gemeinsamen Bekannten gab es auch einige Plätze in Bonn, die mich an ihn erinnern.
In der Bar Che Guevara hat er wohl so manchen Abend Backgammon spielend verbracht. In seiner Junggesellenzeit war Thomas einem Spielchen selten abgeneigt. Sogar in Neuseeland traf ich einen Schachspieler, der in Deutschland studiert hatte und sich an seine Duelle mit Thomas erinnerte: Rochierte ein Gegner beim Blitzen, wurde ihm ein angriffslustiges „Castling into the graveyard!“ an den Kopf geworfen.

Bei aller Spielleidenschaft übertrieb es Thomas nicht, denn seine anspruchsvolle Arbeit als IT-Fachmann erforderte einen wachen Kopf. Das griechische Restaurant gegenüber der Oper erinnert mich an ein gemeinsames Abendessen, wo außerdem noch Eckart Oehlenschläger und Alexej Shirov anwesend waren. Letzterer machte sich damals noch Hoffnung, Kasparov den Weltmeistertitel zu entreißen. Nach dem Essen fragte mich Thomas, ob ich nicht die Uni verlassen und etwas „Richtiges“ arbeiten wollte. Ich wollte und so wurde ich sein Arbeitskollege. Leider gibt es die Firma, bei der wir arbeiteten nicht mehr, aber die Zeit dort war für mich die schönste in meiner beruflichen Laufbahn.

Und da ist schließlich Thomas alte Wohnung in Beuel. Heute wohne ich wenige Schritte entfernt und komme fast täglich dort vorbei. Ich erinnere mich dann daran, wie ich ihm beim Umzug nach Tannenbusch half. Dieser Umzug markierte den Übergang von der Junggesellenzeit zum Familienvater. Später spürte man den seinen väterlichen Stolz, wenn er davon erzählte, wie er seine Kinder zu Spielen ihrer Fußballmannschaft begleitete.

Bei der Trauerfeier auf dem Bonner Nordfriedhof nahmen etwa hundert Personen Abschied von Thomas. Dass ich nur wenige als Schachspieler oder Ex-Kollegen identifizieren konnte, zeigt dass Thomas über Arbeit und Schachspielen hinaus ein erfülltes und vielseitiges Leben führte und in der Erinnerung vieler Menschen lebendig bleibt. Damit ähnelt sein Leben seinen Partien: Eher kurz aber gehaltvoll.

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